Zwangsvollstreckung
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Horst Willenberg
Essen und Bielefeld
* 1954
Künstlerisch tätig seit 1968
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wird mitgeteilt, dass nicht alle

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Hier: „Zwangsvollstreckung“

 

„Diejenigen, die weder gewillt sind, sich eine Waffe anzuschaffen oder einen ausreichenden Sicherheitsdienst anzumieten, vielleicht auch einfach nicht in der finanziellen Lage – nennen Sie diese Menschen Arme Irre, Opfer oder einfach nur - Beute?“

 

Mit dieser Frage beginnt ein weiteres Werk des ebenso erfolgreichen wie umstrittenen Autoren Werner Vombusch. Gestellt wird sie von einem trauernden Vater, dessen Kind einem Schul-Amoklauf zum Opfer fiel. Adressat der Frage war ein aktueller Präsidentschaftskandidat, der kein Abrüsten der Waffen, sondern ein intensives Aufrüsten und Ausbilden der Lehrenden auch in Grundschulen an Waffen verlangte.

 

Da der Fragesteller sich weigerte, den Saal zu verlassen, und völlig durchdrehte, als der Kandidat laut in den Raum stellte, solche Männer, die so schnell die Nerven verlören, wären die typischen zum Amoklauf neigenden Personen, nahm die Tragödie ihren Lauf. Vor die Tür geworfen, fiel der erboste Vater einer Gruppe kampfwilliger Kandidatenanhänger in die Hände, wo er unter ungeklärten Umständen an zahlreichen inneren Blutungen in Rumpf und Gehirn noch vor Eintreffen der Rettungskräfte verstarb.

 

Mit der Beschreibung binnen weniger Tage leergekaufter Waffenhandlungen durch bisher gemäßigte Volksgruppen belässt es Vombusch an dieser Stelle. Doch nicht genug damit, beleuchten insgesamt sieben solcher Episoden das aufbrandende Unheil weltweit: Vombusch wirft Fackeln in die Pulverlager dieser Welt.

 

In Südamerika wird ein Buschfeuer zum Flächenbrand, als ein Regiment Regierungstruppen mehrere Tausend Demonstrierende abschlachtet, weil diese mit Menschenketten Brandrodungen riesiger Dschungelgebiete und bergbaubedingte Landenteignungen verhindern wollten.

 

Arabische und afrikanische Allianzen liefern sich erbitterte Kleinkriege, weil Kriege andernorts zu gravierenden Versorgungsengpässen bei Lebensmittellieferungen führen.

 

Die USA und China führen einen Handelskrieg um Rohstoffe, bis hin zu Seeblockaden auf internationalen Gewässern.

 

Während in West- und Mitteleuropa Klimaveränderungen epischen Ausmaßes faschistische Ordnungsmehrheiten an die Oberfläche sprudeln, versinkt Russland in einer orthodoxen Inquisition nahezu mittelalterlicher Prägung.

 

Die globalen Pandemiebekämpfungen stecken in einer Sackgasse. Der Zentralismus bei der Impfstoffproduktion wurde den entsprechenden Industrienationen mehr und mehr zum Vorwurf gemacht, die Bevölkerung der ärmeren Staaten regelrecht auszudünnen. Nachdem alle Impfstoffpatente freigegeben wurden, verschlechterte sich die Gesamtlage durch Korruption und unbrauchbare Plagiate derart, dass ständig mindestens irgendein Land im nationalen Lockdown verharren musste.

Während die Pandemiebekämpfung auf der Stelle tritt, verliert das einzig bisher vereinigende weltweite Kommunikationsmedium Internet durch massenhaft national und regional eingerichtete Trennschaltungen für die einzelnen Netzwesen rapide an sozialer Reichweite.

 

Die explosiv zunehmende Unfähigkeit, mit den normalen Katastrophen wie Tsunamis, Vulkanausbrüche, Erdbeben und Wetterunbilden umzugehen, vervollverständigt das Chaos.

 

 

Die herrschenden Eliten erleben einen globalen Kollaps ihrer Einflusssphären. Unfähig, den multikulturellen und multinationalen Verschwörungsallianzen Einhalt zu gebieten, ersticken Vorkämpfer und Vordenker humaner Lebensweisen unter dem Ansturm auf Abschottung und Isolation setzender Parteien und Gruppierungen.

 

Tribunale überall und die Zersetzung der Versorgungsstrukturen tun ihr Übriges.

 

Verblüffend oder eigentlich logisch? Einzig die Militärs hatten für eine solche Situation Verhaltensprotokolle und schufen in vorher nie geübter Einmütigkeit „Überlebensinseln“ im Chaos.

 

Nach diesen sieben ersten Kapiteln führt Vombusch aus, wie sich die Lage stabilisiert. An dieser Stelle sei nur verraten, dass kein Starker Mann seinen Hut in den Ring wirft, kein Deus ex machina strapaziert wird und keine Engel vom Himmel fallen noch ein Weltenbrand alles beendet. Es bleibt die Andeutung, die Werner Vombusch in den Raum stellt: Wenn unser Sozialverhalten mit der Technologie nicht mehr Schritt halten kann, was würde mit uns allen geschehen, wenn wir uns im Ergebnis selbst zwängen, ein paar Takte runterzuschalten?

 

Wieder einmal überlassen wir das Fazit den Worten des Autors. Werner Vombusch stellt zum Schluss in einer Rede eines der Protagonisten fest: „Die Menschheit hat diese umfassenden, alles durchdringenden Katastrophen überlebt, nun gilt es, das Menschsein in die Zukunft zu retten.“

 

In einem Interview, nach der Veröffentlichung von „Zwangsvollstreckung“, antwortete Werner Vombusch auf die Frage nach seinen weiteren Plänen: „Den pubertären Zerstörungskoller hat die Menschheit anscheinend überlebt, zumindest in meinen Geschichten. Ich denke es wird Zeit, dem Leben endlich Sinn zu geben, anstatt ewig danach zu suchen.“

 

 

 

Wir verbleiben mit Spannung, ob, wann und wie er sich wieder zu Wort meldet, der selbsternannte „Geschichten erzählende Affe aus dem Labor Sprache“.

 

 

 

 

 

Horst-Werner Willenberg - www.netzwesen.info - Bielefeld, 17.06.2022