Verzicht statt Maß
Verzicht beginnt nicht damit, ein Unvermögen zuzugestehen denn es beginnt im Ausweichen. Maß lässt das Problem zu anstatt Auseinandersetzungen zu meiden. Verzicht erscheint von außen gradlinig, problemorientiert, selbstkritisch und konfliktfähig – ist aber genau das in der Sache nicht.
Verzicht ist die Alternativroute der Maßlosen. Das Unvermögen sich einzuschränken endet in völliger Abkehr. Statt sich selbst zuzuwenden wird isoliert, abgekapselt und ausgesondert. Die Dinge beenden anstatt sie zu wenden. Es ist ein leichtes die Brücken zu zerstören, über die man nicht mehr gehen will. Als unerhört belassen, was unerwünscht. Verbrannte Erde hinterlassen und kein Blick zurück.
Verzicht ist ohne Maß unzureichend. Verzicht statt Maß lässt den notwendigen heilsamen Zweifel nicht zu. Mit Maß verzichten ist Weg und Ziel zugleich.
Der Verzicht will aufgeben, das Maß sich zuwenden. Ist der Verzicht als Beschluss gefasst, kann er selbst in Vergessenheit geraten wirksam werden. Nicht so Maßhalten, kaum nur den Blick abgewandt, eine verringerte Aufmerksamkeit genügt alles zunichtewerden lassen was erarbeitet.
Verzicht allein verhindert das Maß. Das kann nicht heißen, keinen Verzicht zu üben, wenn das Maß nicht machbar erscheint – wo das Maß fehlt gilt es maßvoll zu verzichten. Völlerei beispielsweise zeigt das verlorene Maß auf und ist nur mit Verzicht nicht aufzuhalten.
Ebenso muss irgendwann in jedem Verzicht Maß genommen werden um, anstatt im Verzicht zu entsagen, im Genuss das gesunde Maß an Unabhängigkeit zu finden.
(Bielefeld, 13.4.14)
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