R. geht fremd
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Horst Willenberg
Essen und Bielefeld
* 1954
Künstlerisch tätig seit 1968
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Roland geht fremd

„Warum ist das so schwer zu glauben? Ich hatte es nicht vor, es war keine Absicht. Ja, natürlich wusste ich von Anfang an, dass es ein gewagtes Spiel ist, soviel auf einmal auszuprobieren. Aber sie war so…überzeugend. Nicht wirklich besonders aufregend, eher solide wirkend. Sie gab mir halt das Gefühl mich zu verstehen, das fand ich beeindruckend.

 

Es ist ja nicht so, dass ich losgezogen wäre, ein solches Angebot zu suchen. Aber nachdem ich sie nun mal gefunden hatte, musste ich anerkennen, dass sie sehr schnell verstand, was ich will und kann. Ich meine, da redet man gerade ein paar Minuten miteinander und zack, kennt sie mich und meine Möglichkeiten und weiß genau, was sie mir anzubieten hat. Das erlebt man doch nicht alle Tage! Diese furchtbaren Missverständnisse, zu denen es dann gekommen ist, das hat keiner gewollt, ich sowieso nicht und sie, naja vielleicht hat sie es…hingenommen!? Aber ja, ja, ja – ich hätte deutlicher erklären sollen, was ich will, was ich machen will – von ihr will.

 

Genaugenommen weiß ich immer noch nicht, was sie wirklich gesagt hat, an sich habe ich inzwischen ernsthafte Zweifel, ob ihre Worte und ihr Auftreten zusammenhängend waren. Aber stimmig war es schon.

 

Ich meine, dass muss doch mal verstanden werden, die Worte gingen hin und her, aber handelseinig kann man sich doch nur werden, wenn einer der anderen Sprache halbwegs versteht. Deshalb empfand ich die Nutzung eines Internettranslators als Übersetzungshilfe nur konsequent, zumal so ein Videochat selten die Qualität hat, die die Werbung so überzeugend vorgaukelt. Und so ging das dann, ich sagte ihr, was ich will, sie sagte was sie machen kann und was das kosten soll, führte mir auch alles vor, so gut es ging. Sicherlich weiß ich es jetzt. Mehr als Fünf-Wort-Sätze mit überprüfter Rückwärtsübersetzung sollte man wohl nicht durch die Übersetzungsmaschine schicken. Und in die Fremde gehen, um mal was Exotisches… verflixt noch mal, woher hätte ich denn wissen sollen, dass „for the whole family“ weder…“

 

„…weder familiengeeignet noch für jedes Familienmitglied geeignet bedeutet, sondern sich auf die Bestellmenge „für Großfamilientreffen ab 120 Personen“ bezog.“ Sabin sah mich…abwägend(?) an. „Nun ja, nicht jeder hat ein ausgereiztes Kreditkartenkonto für eine transportable Großküche aufzuweisen, mal abgesehen davon, dass Dein Schlafzimmer wie ein Paketumschlagplatz aussieht. Jedenfalls sehr nett vom Zollamt, Deine Wohnung zur Freihandelszone zu erklären, um die Waren als Re-Import mit geringem Werteverlust im Absenderland zu verscherbeln. Aber“ und dabei drehte sie süffisant lächelnd Kamera und Laptop in meine Richtung zurück „ich bin mir sicher, Du wirst im Videochat wesentlich überzeugender wirken als ich, denn ich bin nicht bankrott. Ach ja, das Übersetzungsprogramm habe ich Dir auch schon aktiviert.“

Bielefeld, 7.3.12

 

Bielefeld, 7.3.12