Die Unfassbaren
„Was soll daran falsch sein, mir Bargeld oder anonymisierte Kartenguthaben von Mittelsleuten aushändigen bzw. übergeben zu lassen, wenn ich a) bisher keiner Straftat schuldig wurde und b) die Geldmittel nicht in illegalen Geschäften eingesetzt werden?“ Kommissar Boden schaute sein Gegenüber, der sich als Halku Balika ausgewiesen hat, in einer Mischung aus Skepsis und Verblüffung an. „Herr Balika, sie werden mein Erstaunen verstehen, herauszufinden, dass Ihre persönlichen Geldaktionen nicht zu existieren scheinen. Leistungen und Zahlungen erheben und erbringen Sie ausschließlich über Bargeld oder AnTrans, also per anonymisierten Transaktionen.“
„Umso eindrucksvoller, dass Sie mich mittels der Maxime „Folge dem Geld.“ ausfindig gemacht haben - wir haben durchaus ein gegenseitiges Interesse an unseren Motiven und Methoden.“, erwiderte Herr Balika.
Während einer Buchvorstellung schilderte Werner Vombusch, wie er lange mit sich selbst gehadert hat, sein neuestes Werk nach diesem einleitenden Dialog schlichtweg zu beenden, im Selbstverlag drucken zu lassen und für einen Euro pro Exemplar auf den Markt zu bringen. Nun, wir können froh sein, dass Vombusch sich damit nicht zufriedengab. Und so wurde aus der Idee doch noch ein Werk: Die Unfassbaren – ein Kammerspiel, irgendwo zwischen Soft-Fantasy und Doku-Thriller einzuordnen.
Garniert mit sorgfältig eingefügten Ereignisschnipseln aus der Restwelt webt der Dialog von Herrn Balika und Kommissar Boden eine Brücke zwischen philosophischen Höhenflügen, zum Beispiel, wenn Herr Balika nach seinem Wohnort gefragt, antwortet: „Alle Orte sind im Nichts, das Nichts ist zwischen allen Orten.“ und pragmatischer Bodenhaftung, zu finden in der Ergänzung: „Die Gesetze erlauben mir, als Wohnadresse meinen Briefkasten in einer Notunterkunft für Obdachlose anzugeben.“
Obwohl mit spürbarem Wohlwollen einander versehen, lässt Vombusch die Probanden hart aufeinanderprallen, beim Taktieren und gegenseitigem Aufdecken der Motive und Methoden. Während Boden herausfinden will, warum Balika einen derartigen Aufwand betreibt, anonym zu leben, um die Methoden besser hinterfragen zu können, versucht Balika herauszufinden, mit welchen Methoden Boden ihn ausfindig gemacht hat, um den Beweggrund, genau ihn zu suchen, zu ergründen. Dass sich beide hierbei ständig in Labyrinthen verrennen, fehlerhafte Annahmen wie Minen in die Argumentationswege des anderen legen, Falsches bestätigen und Wahrheiten verneinen, versteht sich von selbst. Was aber Werner Vombusch daraus macht, kann nur als typisch bezeichnet werden.
Die wirbelnden Gedankenketten reizen die Mustererkennung der Lesenden, sich tiefer und tiefer in Verschwörungstheorien zu verstricken, über Geheimgesellschaften, die via Finanzwegen üblicher Art unfassbar sind.
Es ist dieses Einschleichen in die Erkenntniswelt der Lesenden, womit Werner Vombusch Furore macht, wieder Mal.
Bielefeld, 19.12.2024
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