Hier: „Frieden – Segen oder Waffe?“
Zwar verspricht uns Werner Vombusch im Klappentext, durchaus in der Lage und gewillt zu sein, gradlinig eine einfache Erzählung zu liefern, einen „klassischen Roman“, aber es gilt zweierlei zu bedenken: Ein Dokuthriller in der Ich-Form erzählt gehört nicht gerade zu den Standards in Litertaturbetrieb. Und ein Roter Faden im Labyrinth ist immer gradlinig, so er hinausführt. Tatsächlich führt uns Vombusch, anstatt uns durch seine üblichen Irrungen und Wirrungen zu treiben, auf ein klassisches Parkett, lässt Voraussetzungen, gegenwärtige Lage und die Entwicklung einer unbeirrbar an Tempo gewinnenden Handlung altbekannt erscheinende Formationen vollziehen.
Im ersten Teil gemahnt Werner Vombusch an das Gleichgewicht des Schreckens, zwei oder mehr Teilnehmer des Szenarios „schon ich allein könnte die ganze Welt zerstören“ halten sich gegenseitig damit unter Kontrolle, dass es keine Waffe gibt, die so schnell entwickelt und einsatzbereit produziert werden könnte, dass andere sie nicht kopieren und/oder abwehren könnten. Ein direkter Krieg der Großmächte untereinander würde ausschließlich Verlierer erzeugen, wenn überhaupt etwas übrigbliebe außer vielleicht Tiefseefauna.
Im zweiten Teil führt Vombusch uns vor Augen, dass Stellvertreterkriege noch nie solche waren, sondern indirekte Kämpfe um Ressourcenanteile und deren Verteilung. Doch was sich schon beim Begriff „Wasser abgraben“ zu großen Problemen auftürmte, vertiefte beim Thema Luft die Grabenkämpfe ins Unüberschaubare. Immer mehr Heizkraftwerke, Atomanlagen und andere Gefährdungsobjekte wurden gezielt an Landesgrenzen, in vorwiegend Land auswärts wirkenden Windschneisen, angelegt. Nahezu süffisant erinnert Werner Vombusch an Prognosen des 20. Jahrhunderts, dass der vierte Weltkrieg mit Knüppeln geführt würde oder dass nicht mehr nachweisbar wäre, ob ein todbringendes Ereignis ein Unfall, eine Naturkatstrophe oder ein Kriegsfall sei.
Im dritten und letzten Teil des Buches schildert Vombusch die Entwicklung wehrkraftzersetzender nicht-tödlicher Waffensysteme und deren, mit vergleichsweisem geringem Aufwand möglichen Produktion und schildert die Auswirkungen. Was wird passieren, fragt Vombusch, wenn jede Armee dieser Welt in der Lage ist, per Knopfdruck an beliebigen Orten Aversionen auszulösen, die das Körpergedächtnis unwiderruflich mit tiefstem Entsetzen vor dem Ort der Trefferwirkung erfüllen können, sozusagen friedliches Verhalten über Abscheu erzwungen wird - wie hoch wird die Hemmschwelle des Einsatzes bei solchen Waffensystemen sein? Und – dürfen wir es Frieden nennen, wenn wir überhaupt nicht mehr in der Lage sind, für irgendetwas zu kämpfen?
Anbetracht dessen, dass solche Waffen von Containerschiffen auf den Weltmeeren bereits zur Piratenabwehr zum Einsatz kommen und auf Sicherheitskongressen zur Aufruhrbekämpfung erwogen werden, fällt es mir leicht, „Frieden – Segen oder Waffe“ als unbedingt lesenswert zu empfehlen.
Horst-Werner Willenberg - www.netzwesen.info - Bielefeld, 11.01.2022
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